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Nicht länger über die Verhältnisse leben

HEV Stadt St.Gallen
28.10.2018

Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen - Die finanzielle Situation der Stadt St.Gallen muss wesentlich verbessert werden, um ihre Standortgunst zu erhöhen. Gefordert wäre eine hohe Ausgabendisziplin, um nicht weiterhin über die Verhältnisse zu leben. Denn bei den Arbeitsplätzen, die neue Steuereinnahmen bringen, verliert unsere Stadt laufend an Terrain. Und gute Steuerzahler kehren der Stadt bereits den Rücken.

Der Trend des ständigen Ausgabenwachstums in der Stadt St.Gallen muss gebremst werden. Aus dem Vergleich der Kantons- und Gemeindefinanzen durch die Université Lausanne (UNIL) zeigt sich, dass die Investitionshöhe über die ganze Untersuchungsperiode von 2007 bis 2016 in St.Gallen mit 15,9 Prozent von allen untersuchten Städten am höchsten war. Der Mittelwert aller Städte lag bei 9,74 Prozent. St.Gallen steckt gerade auch wegen der hohen Investitionsquote in finanziellen Problemen. Eigentlich müsste auch hier eine Angleichung an den Mittelwert der anderen Schweizer Städte vorgenommen werden, was zu einer wesentlichen Kostenentlastung führen würde. Auch wenn den Investitionen immer Gegenwerte gegenüber stehen, sollte unterschieden werden zwischen solchen, die wirklich unerlässlich sind und nicht hinausgeschoben werden, und solchen, die unter «nice to have» zu summieren sind. Ins reine Vergnügen sollte man ohne prallen Geldsäckel nicht investieren.

Da gerade St.Gallen bei der Bevölkerung stagniert und bei den wertschöpfungsintensiven Dienstleistungen Arbeitsplätze an andere Standorte verliert, kann eine Vorwärts-Strategie über den Ausbau staatlicher Dienstleistungen und Infrastrukturen kaum aufgehen. Im Gegenteil: Ziel des Stadtrats müsste sein, dass der Steuerfuss auf das kantonale Mittel gesenkt werden kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die umliegenden Gemeinden ihre Steuerfüsse senken konnten, während der Steuerfuss in St.Gallen hoch angesetzt bleibt. Mit einer Senkung des Steuerfusses könnte auch die Abwanderung guter Steuerzahler und damit ein erheblicher Substanzverlust in die Region gebremst werden, wie wir sie in der Studie «Wohnstandort St.Gallen» nachweisen konnten.

Zu den Hauptursachen gehört neben dem hohen städtischen Steuerfuss, dass Eigenheime in der Stadt rar geworden sind. Es fehlen Grundstücke für Familien und den urbanen Mittelstand, die bebaut werden können, während Regionsgemeinden solche vielfach noch zu akzeptablen Preisen anzubieten. Aufgrund der hohen Leerwohnungsquote wäre eine Verstärkung des sozialen Wohnungsbaus für St.Gallen ein Irrweg. Es gibt genügend Wohnungen, welche zu günstigen Preisen gemietet werden können. Hingegen sind Renovationen und Neuüberbauungen auch in der Stadt St.Gallen zu fördern, wobei das Beispiel Basel-Stadt ein Vorbild sein könnte. Dort wurde eine liberale Bauordnung eingeführt und der Steuerfuss gesenkt. Damit erhöhte sich die Standortgunst wesentlich, Altbauquartiere wurden aufgewertet, private Investitionen ausgelöst und die Finanzlage der öffentlichen Hand gestärkt. In diese Richtung muss auch St.Gallen unbedingt aktiv werden. Die so erhöhten Steuereinnahmen würden dann auch wieder höhere Investitionen erlauben. Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.