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Auch Amors Pfeil schafft Verbindungen

27.04.2017 Christoph Solenthaler, Präsiident HEV Stadt St.Gallen

Wie wird St. Gallen wieder attraktiv? Bei der Wahl eines Wohnstandorts stehen nebst der Qualität der Erreichbarkeit vor allem auch die Nähe zu attraktiven Arbeitsplätzen im Vordergrund. Und da diese nicht immer auch am eigenen Wohnort sind, verdienen rund 12 000 St.Gallerinnen und St.Galler ihr Einkommen ausserhalb der Stadtgrenzen. Gut 37 500 Personen kommen tagsüber zum Arbeiten nach St.Gallen, etwa die Hälfte mit dem öffentlichen Verkehr. Entsprechend ist das Zusammenspiel zwischen Fernverkehr (zu Zentren wie Zürich oder Winterthur), S-Bahn (für den Agglomerationsverkehr) und lokalen Verbindungen (VBSG, Postauto) gerade in den Stosszeiten am Morgen bzw. Abend ein entscheidender Faktor, ob St.Gallen als Wohn- und Wirtschaftsstandort attraktiv bleibt.

Die Wahl des Wohn- und Arbeitsstandorts ist nicht nur Zufall

Die Wahl eines Wohnstandorts ist vielseitig und von unterschiedlichsten Motiven geprägt. Amors Pfeil kann ein wesentlicher Treiber für die Wahl eines Wohnorts sein. Genauso spielen aber auch sachliche Überlegungen eine Rolle. Weit oben auf der Prioritätenliste steht bei einer Wahl des Wohnstandorts der Arbeitsweg. Und dieser sollte von Tür zu Tür je Weg nie länger als 90 Minuten dauern. Denn wer täglich pendelt, verliert wertvolle Freizeit und damit Lebensqualität. Arbeitsplätze werden nur dort geschaffen, wo Mitarbeitende von ihrem Wohnort aus eine gute Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes auf Sicher haben.

Dass das Bevölkerungswachstum in der Stadt St. Gallen – notabene als einzige Schweizer Stadt – gerade eine kleine Eiszeit erlebt, hat in den vergangenen Wochen sogar in- und ausländische Medien bewogen, Ursachen dieser Stagnation zu ergründen. Der HEV hat an dieser Stelle bereits das Horten von Steuern auf Vorrat oder die anhaltende Parkplatz-Beseitigung als mögliche Ursachen identifiziert, welche der Attraktivität von St. Gallen einen Bärendienst erweisen. Doch auch bei der Versorgung mit öffentlichem Verkehr könnte die Stadt ihre Standortfaktoren weiter optimieren, ohne das bestehende Angebot auszubauen.

Optimierter Fernverkehr, S-Bahn-Netz mit Potential

In den vergangenen Jahren ist es durchaus gelungen, dass Verbindungen zu umliegenden Zentren – insbesondere Zürich, Romanshorn oder München – im Fernverkehr verbessert werden. Die Fahrzeit von St. Gallen nach Zürich liegt bei einzelnen Verbindungen nun bei einer guten Stunde. Was im Fernverkehr löblich ist, fehlt bei der Feinverteilung in der Stadt. Knoten der S-Bahn zählen in anderen Schweizer Städten zu den Treibern der wirtschaftlichen Entwicklung. In St. Gallen sind sie mit dem teuren S-Bahn-Konzept des Kantons nur leicht verbessert (St. Fiden) oder klar abgewertet (Winkeln, Bruggen, Haggen) worden. Wo innert weniger Minuten doppelt Züge halten, dafür für den Rest der Stunde kein Anschluss bleibt, fällt ein Umsteigen schwer. Beim städtischen S-Bahn-Netz hätte der Stadtrat also gewichtige Hebel, die Standortattraktivität aktiver zu gestalten.

Schlechter Anschluss zu Stosszeiten

Wer sich die Mühe nimmt, die Fahrzeiten zu den abendlichen Stosszeiten zu messen, wird feststellen, dass die Abstimmung zwischen Fernverkehr und den Verkehrsbetrieben der Stadt (VBSG) ebenfalls Potential hat. Busse fahren exakt dann los, wenn Fernverkehrszüge im Hauptbahnhof einfahren. Andere Verbindungen bieten nur gerade wenige Minuten Umsteigezeit, was im Gedränge des Feierabends kaum zu schaffen ist. Es entstehen in der Folge Wartezeiten von 10 bis über 20 Minuten. Vorteile aus dem beschleunigten Fernverkehr gehen sogleich wieder verloren. Die Stadt kegelt sich damit für berufstätige Pendlerinnen und Pendler als Wohnstandort selber aus dem Spiel... ausser Amors Pfeil sorgt doch noch für die lebenslange Bindung.