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Vom Beben und Bohren

HEV Stadt St.Gallen
07.12.2017

Fürs Glücksspiel geht man ins Casino - Noch vor Jahren hätte man meinen können, die St.Galler Stadtwerke seien der letzte verbliebene Innovationstreiber der Ostschweiz. Zu meinem persönlichen Bedauern gingen aber der Traum und die Vision der Geothermie-Hochburg St.Gallen in einem einzigen kleineren Beben rasch unter. Seither winden sich die St.Galler Stadtwerke, ihre Ressourcendecke und das Ausgabengebahren an die wiedergewonnene Realität anzupassen.

Vergleicht man die St.Galler Stadtwerke mit den Energieversorgungsunternehmen anderer Städte und bohrt ein wenig in den öffentlich verfügbaren Zahlen des Jahres 2016, so kommt einiger Zunder zum Vorschein. Weisen die St.Galler Stadtwerke pro Mitarbeiter rund 630 000.- Franken Umsatz aus, so sind dies in Luzern bereits 880 000.- und in Basel gar 920 000.- Franken. Während die Werke von Basel rund die Hälfte ihrer 100 Mio. Franken Gewinn der Stadt abliefern, versiegen die Mittelflüsse an die Stadt St.Gallen wie die Bohrlöcher im Sittertobel. Noch eindrücklicher wird der Vergleich, wenn man berücksichtigt, wieviel Kapital die jeweiligen Städte in ihren Stadtwerken hinterlegt haben. Die Stadt Luzern ist gerade einmal mit 62 Mio. Franken beteiligt, während dem es bei der Stadt St.Gallen 320 Mio. Franken – also fünfmal mehr – sind. Die Stadt St.Gallen holte pro eingesetzten Franken Eigenkapital gerade einmal 5% in Form von Mittelflüssen zurück, in Luzern sind dies über 30% - also sechsmal mehr.

Ungebremste Abenteuerlust
Für den Ausbau der Fernwärme geniessen die St.Galler Stadtwerke derzeit breiten politischen Support. Doch bereits gelüstet es den Verantwortlichen nach neuen Abenteuern im Konkurrenzkampf der Energieversorger. Mit Kleinanlagen, Blockkraftwerken und Nahwärmeverbunden sollen weitere Quartiere erschlossen werden, die nicht vom Fernwärme-Boom profitieren. Dass die Nachweise zu Wirtschaftlichkeit, Rentabilität und Tragbarkeit der zusätzlichen, stark energiepolitisch gefärbten Investitionen auf äusserst wohlwollenden Annahmen zur Entwicklung von Erdöloder Strompreisen basieren, könnte bei einem nächsten Preisrutsch ein weiteres Beben auslösen. Die im schweizweiten Vergleich mittlerweile schwindelerregend hohe Beteiligung der Stadt an ihren Stadtwerken würde dann zu einem Klumpfuss, der die Stadtfinanzen auf Jahrzehnte hinaus belastet.

Fürs Gamblen ins Casino
Auch wenn es politisch nicht opportun scheint: Die St. Galler Stadtwerke haben nur dann den Hauch einer Chance, aus dieser negativen Spirale herauszukommen, wenn sie sich personalseitig Gesundschrumpfen, risikoreiche Abenteuer auslassen und ein zurückhaltendes Investitionsverhalten an den Tag legen. Für Glücksspiele gibt es in der Stadt bereits ein einladendes Casino. Nur sollten die Einsätze dort aus dem eigenen Sack und nicht von den Steuerzahlern stammen.